Vom Eise befreit

Prolog
Blass schimmert die Eisfläche in der morgentlichen Sonne. Zertretene Plastikbecher und schmutzige Papierschnipsel zeugen von dem, was war. In der Luft hängt der Geruch von kaltem Rauch. Die geifernden, parolen-gröhlenden Becherwerfer sind zu ihren Familien zurückgekehrt und sitzen wieder friedlich in ihren Büros und Werkshallen. Oder schlafen sich aus, in ihren Zimmern, oben bei Mutti.

Die Party ist vorbei. Eishockey, Playoff, Wally Schreiber. Begriffe wie aus einer anderen Welt. Draussen zwitschern die Vögel. Ein erster Hauch von Grün breitet sich über die kahlen Bäume. Plötzlich erinnert man sich daran, das es ja Frühling ist.

Fakten
Sieben Spiele. Sowas gibts in den Playoffs. Vier Siege für den vermeindlichen Aussenseiter. Kann passieren. Drei davon auswärts. Hoppla. Wie war das mit der „Festung Bauchenberg“?

Spiel 1: Mit Dusel gewonnen.
Spiel 2: Eine 3:1-Führung nach 2 Dritteln reicht nicht aus, um zu gewinnen. Die frühzeitige Entscheidung vergeben.
Spiel 3: Die erste Heimschlappe. Bremerhaven tritt die Wings dahin wo’s weh tut und dreht die Serie. Nervosität macht sich breit.
Spiel 4: Die Wild Wings kontern: 5:0. Alles wird gut. Glaubt man.
Spiel 5: Pomadiger Auftritt vor heimischer Kulisse. Drei haarsträubende Gegentore innerhalb weniger Minuten. Erst Entsetzen dann Erkenntnis. So wird das nichts.
Spiel 6: Souveräner 5:1 Sieg. Natürlich auswärts. Jetzt muss es doch reichen.
Spiel 7: 2:1 Führung für die Wings. Wieder 3 Gegentore in 3 Minuten. Unentschieden. Verlängerung. Penaltyschiessen. Feierabend.

Analyse
Glückwunsch an die Nordseeküste! Wer Spiel 7 ohne seinen Topgoalie und ohne seinen Topscorer auswärts gewinnt ist ein würdiger Sieger. Zumal als Aufsteiger. Andererseits: wenn Wally Schreiber mit 107 Jahren der beste Spieler der gesamten Serie ist, wenn Alex Moger nach jahrzehntelanger Verletzungspause gleich in seinem ersten Spiel scort, während andere selbst am leeren Tor verzweifeln, dann kann sowas nicht gutgehen. Kopfsache. Wie schon öfters in der vergangenen Saison. Nach einer frühen Führung wurde der Gegner unterschätzt, man spielte (fahr-)lässig und meinte, das Spiel im Schongang gewinnen zu können.

Das Fatale daran: waren die Wings erstmal auf Schlendrian eingestellt, ließ sich dieser Schalter während des Spiels nicht mehr umlegen. Meistens ging das dann -wie soll ich sagen – gewaltig in die Hose. Frage: Wann hat der SERC zum letzen Mal eine Playoff-Serie gewonnen? Antwort: 1994/95 gegen die Starbulls Rosenheim. Torschütze in der Overtime des fünften und entscheidenden Spiels: Dany Nowak.
Nächste Frage: Wann hat der SERC eine Playoffserie gewonnen, in der sie Heimrecht hatten? Antwort: Keine Ahnung. Muss jedenfalls vor meiner Zeit gewesen sein. Wer kann mir helfen? Ach ja, mein erstes Spiel war 1989. Viele der heutigen Becherwerfer waren damals noch gar nicht geboren. Wally Schreiber schon. Es war seine erste Saison in Europa.

Fazit
Trotz allem: es war eine schöne Saison. Leider ohne das Sahnehäubchen „Halbfinale“. Aber denkt immer daran, ihr Besserwisser, ihr Nögler und Ewig-Unzufriedenen, ihr Horsts da draussen: Vor nicht einmal zwei Jahren war der SERC klinisch tot. Was seither erreicht wurde verdient allerhöchsten Respekt! Und ausserdem macht Sahne fett! Es ist Frühling. Geniesst es.

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